Mit Krücken durch Südafrika
- Tine
- 14. Nov. 2015
- 6 Min. Lesezeit

Ja, ihr habt richtig gelesen, vor ungefähr 4 Wochen hatte ich einen kleinen Unfall und habe mir dabei einen doppelten Bänderriss zu gezogen... ist doof gelaufen aber was soll man machen. Seitdem humpel ich mit Krücke und Schiene durch die Gegend aber durch die liebevolle Pflege von Adina und anderen Menschen wird es Tag für Tag besser! Also, kein Grund um sich Sorgen zu machen!
Knapp 100 Tage sind jetzt schon vergangen, seit dem ich Anfang August hier angekommen bin. Im moment ist es leider immer noch sehr sehr trocken und die Drakensberge grünen nicht, wie sie es eigentlich schon im Oktober hätten tun sollen. Das Wetter spielt durch den Klimawandel wirklich verrückt, mal ist es kalt und auf den Bergspitzen liegt Schnee (im Sommer!!) oder es ist brütend heiß. Leider warten wir aber immer noch vergebens auf Regen und so langsam werden auch die Wasservorräte knapp und aus den Wasserhähnen kommt ab und zu kaum noch Wasser raus. Hoffentlich ändert sich das in den nächsten Wochen schnell, ansonsten muss die Schule und das Kinderheim für einige Zeit geschlossen werden. Nicht nur wir leiden unter den Auswirkungen des Wetters auch die Tiere haben Probleme zu überleben. Viele Tiere finden kein Gras mehr zum fressen und die meisten Flüsse sind auch ausgetrocknet. In Spioenkop einem schönen Reservat hier bei uns in der Ecke ist der Wasserbestand im Trinkwasserdamm für die Zebras, Giraffen und Elefanten (Interspezifische Konkurrenz für die Biologen unter uns!! J) drastisch gesunken. Wir hoffe dass es wirklich bald mal richtig regnet, ansonsten weiß ich noch nicht genau wie es weitergehen soll...

Wo wir gerade von Zebras reden, als ich letzte Woche auf dem Weg zu einem Projekt vom CBR war sind Nathi und mir einfach 3 Zebras über den Weg gelaufen! Das war soooo cool und ich hab mich so gefreut neben Kühen und Ziegen endlich mal richtige afrikanische Tiere zu sehen.

(Mhubheni Gruppe bei der Perlenschmuckarbeit)
Letzte Woche war ich übrigens mit knapp 30 Kindern und einer Physiotherapeutin im Krankenhaus in Estcourt. Das war zwar das totale Chaos aber irgendwie auch echt cool. Für die Kids hieß es erstmal 3 ½ Stunden warten und sich von mir bespaßen lassen. Mittags haben wir uns dann rausgesetzt und Saft getrunken und Wurstbrote gegessen. Irgendwann gegen halb 1 durften die ersten Kids dann zu den OT’s (Occupational Therapist). Einer nach dem anderen kam dran, musste ein paar Übungen machen, musste zeigen ob er laufen kann und einiges mehr. Man kann sich das ganze wie eine Untersuchung beim Kinderarzt vorstellen aber eher mit dem Fokus ‘‘ Was können wir machen um dir dein Leben mit Behinderung zu erleichtern‘‘. Also viele Kinder haben orthopädische Schuhe verschrieben bekommen, ein Junge ohne Arme sogar Armprotesen. Die Kinder haben sich echt mega darüber gefreut und können es kaum abwarten ihre neuen Hilfsmittel zu bekommen. Im Endeffekt war es echt ein sehr interessanter und aufschlussreicher Tag, ich hab die Kinder noch näher kennen gelernt und habe mehr über die einzelnen Behinderungen erfahren.
Samstag vor einer Woche gab es in Winterton (ca. 30 Minuten von KwaZamokuhle) ein großes Straßenfest. Das war echt mega cool, das Fest ging von 8 bis 15 Uhr und auf der kompletten Springfield-Road waren über 100 Stände aufgebaut. Wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen und auch unseren eigenen Stand aufgemacht. Gemeinsam mit Flora (ehemalige Freiwillige aus Deutschland bei Isibani in Winterton (2011-2012)) haben Adina, Gift ( in Kumpel aus der Springfield-Church) und ich selbstgemachte Cupcapes, süße und herzhafte Muffins verkauft. Leider wurden von den 190 Stück nur ungefähr die Hälfte verkauft, aber trotzdem hat es echt viel Spaß gemacht und wir hatten einen tollen Tag. Gegen Abend sind wir dann zu Bekannten aus der Methodist Church gefahren und haben dort ein Bring&Share Braai gemacht, da die Familie bald nach George an die ‘Garden Route‘ (wunderschöne Strecke an der süd-ost Küste Südafrikas) zieht. Bring & Share heißt übrigens, du bringt ein bisschen Essen mit (Fleisch, Brot oder Bier) und hinterher wird alles mit allen geteilt. Danach sind wir in’s Township nach Khethani gefahren und haben mit Nomthy, Malachi und Jacob den Abend ausklingen lassen.
Letzte Woche ist leider die Tochter unserer Arbeitskollegin gestorben und deshalb durften wir noch etwas mehr in die Zulu-Tradition reinschnuppern. Die Trauerfamilie bleibt bis zum Tag der Beerdigung und ab und zu noch länger in ihren Rondavels. Rondavels sind kleine runde Lehmhütten mit Strohdächern und einer Feuerstelle in der Mitte. Die Familie oder vorzugsweise die Mutter und Großmutter sitzen dann dort auf einer Matratze und beten, weinen, schlafen, singen usw. und versuchen so den Schmerz zu verarbeiten. Die Rondavels sind für Feiern gedacht und sind auch der Ort wo man seine Trauer auslebt. Wir haben die Trauerfamilie mit einigen Frauen aus dem Centre besucht und für die Familie gesungen und gebetet und ihnen so unseren Beistand in der schweren Zeit gezeigt. Heute war dann die Beerdigung, das war auch ganz anders wie in Deutschland. Erstmal haben wir nicht komplett schwarz getragen sondern eher dunkel farbige Klamotten (einige waren auch bunt und weiß angezogen) und ein schönes Tuch zu einer Art Turban um den Kopf gewickelt. Die Beerdigung fing um halb 10 mit einem Gottesdienst an indem viel gesungen, gebetet und gepredigt wurde. Einige Familienmitglieder haben gegen Ende noch kleine Reden gehalten, ich glaube sie haben dabei aus dem Leben der Verstorbenen gesprochen. (Viel habe ich nicht verstanden weil alles auf Zulu war!) Gegen halb 1 sind wir dann mit der Trauergemeinde singend Richtung Friedhof gelaufen und dort haben den Sarg mit viel Gesang und Musik in die Erde gelassen. Anders wie in Deutschland wird keine Blume oder Erde von Freunden & Verwandten auf den Sarg geworfen. Irgendwann ziehen sich alle eben zurück und lassen der Familien Zeit für den Abschied. Es waren ca. 400 Leute da und hinterher sind wir alle gemeinsam mit Bus & Auto zum Haus der Familie gefahren. Dort haben sich alle die Hände gewaschen bevor sei das Grundstück betreten haben und dann gab es ein großes Festmahl mit verschiedenen Sorten Fleisch, Reis, Salate und Getränke! Es war schon sehr interessant aber was mich echt ziemlich mitgenommen hat waren die Reden der Angehörigen und vorallem die von den kleinen Geschwistern der Verstorbenen.

(Beerdigungsoutfit mit unserer südafrikanischen Mama Bongi)
Eines unserer Projekte vom CBR (Sqalokusha, Loskop Area) hat 450.000 Rand im Lotto gewonnen das ist echt ziemlich cool, da das Projekt jetzt selbstständig und unabhängig ist. Mittwoch haben wir eine SWOT-Analyse mit allen CBR Mitgliedern gemacht (Adina und ich sind jetzt offiziell im CBR Team dabei und wurden sogar schon im Jahresbericht fürs ELM namentlich benannt und auf Fotos gezeigt.
SWOT- Analyse steht für:
S = strenght (Stärken)
W = weakness (Schwächen)
O = opportunities (Möglichkeiten)
T = threats (Risiken)
Das heißt, wir haben uns getroffen und mit allen im Jahresrückblick besprochen wie das Jahr gelaufen ist und was wir im nächsten Jahr besser machen können. Jeder hat Ideen reingebracht und wir haben versucht offene Fragen zu klären. Wir haben Stärken und Schwächen besprochen und hinter her sind wir alle zusammen Essen gegangen. (Adina und ich haben Schnitzel gegessen, das war echt fast wie in Deutschland & sehr lecker!!) Das CBR Projekt wächst mir immer mehr ans Herz und ich fühle mich sehr wohl. Wir lernen immer wieder neue Menschen kennen und lernen nicht nur die Menschen an sich kennen sondern auch die Geschichten die dahinter sind. Ich verstehe immer mehr das Prinzip und die gute Nachricht dahinter, was unsere Arbeit bei den behinderten Leuten eigentlich auslöst und wie dankbar sie dafür sind. Ein Lächeln oder eine Umarmung gibt dann wirklich einfach so so viel zurück!
Außerdem waren Adina und ich in der evangelisch lutherischen Kirche in Moorleigh. Das war echt fast wie Zuhause und das coole war, die meisten Leute konnten deutsch reden. Die Liturgie und so war aber genau die selbe wie in Deutschland und teilweise haben wir auch deutsche Lieder gesungen. Es war zwar eine komplett weiße Gemeinde aber als uns jeder mit Guten Morgen anstatt mit Good Morning oder Sawubona begrüßt hat, hab ich mich direkt etwas heimisch gefühlt. Ihr fehlt ja doch irgendwie...

(Adina und ich in Mazwazini)
Am Morgen bevor ich mir den Bänderriss zugezogen habe, haben Adina und ich beim Berg and Bush geholfen. Berg and Bush ist das größte Fahrradrennen in Südafrika. Über 1000 Mountainbiker sind an zwei Tagen durch die Drakensberge geradelt und haben insgesamt über 60km bei brütender Hitze zurück gelegt. Adina, Mareike (Freiwillige aus Isibani in Winterton) und ich haben am Water Table geholfen. Bewaffnet mit Cola, Wasser und Energy Drink standen wir an einem Fluss und haben im Chor ‘‘Cola, Water, Energy, should we fill up your bottle or camel bag‘‘ gerufen. Ein Camel Bag ist echt ne interessante Erfindung, das ist ein Rucksack mit einem 5 Liter Behälter der mit einem Schlauch direkt zu deinem Mund führt. Also wenn man durst hat, einfach den Schlauch in den Mund nehmen und anfangen zu saugen. Wir haben dann immer schön die Camel Bags aufgefüllt oder den Radlern kaltes Wasser über den Kopf gekippt. Das war echt richtig witzig!
Das war jetzt erstmal eine grobe Zusammenfassung der letzten Wochen! Wer übrigens Interesse hat meinen ersten offiziellen Rundbrief vom ELM zu lesen, kann mir gerne seine E-mail Adresse hinterlassen und dann sende ich euch den Brief zu.
Hamba kahle & bis bald,
Tine

(Wagendrift Damm)
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